Wie selten zuvor in seiner Geschichte steht Europa seit 2012 im Mittelpunkt des aktuellen Weltgeschehens. Europa dominiert die Schlagzeilen und Nachrichten und die Aktivitäten auf der politischen Bühne. Dabei geht es primär um das »Europa in der Krise« und um das mögliche Scheitern der Europäischen Union bzw. des europäischen Projektes und seine unabwägbaren Folgen. Gleichzeitig werden bei diesen Gelegenheiten gerne die »Europäischen Werte« beschworen, bzw. an sie appelliert.
Dieser von Defiziten, Schulden und dem Versagen geprägte Blick auf Europa ist so stark, dass die Errungenschaften, Leistungen und Qualitäten Europas zurzeit kaum noch wahrgenommen werden. Aus diesem Grund unternimmt der Wettbewerb »Wertzeichen Europa« bewusst einen radikalen Wechsel der Perspektive, indem er die Frage in den Mittelpunkt rückt, welche konkreten, durchaus subjektiven Gründe es eigentlich gibt, Europa zu schätzen und sich mit Europa zu identifizieren. Gerade weil die Diskussion um »Europäische Werte« meistens mit Bezug auf abstrakte Begriffe geführt wird, waren im Rahmen dieses Wettbewerbs inhaltliche und gestalterische Ansätze gesucht, die Aspekte dieser europäischen Identität konkretisieren. In dieser Hinsicht kommt dem Titel eine gewisse Doppeldeutigkeit zu, denn die aktuelle Situation dreht sich ja nicht nur um Werte, sondern auch darum, wie viel sie als Wertpapiere und Wertzeichen letztendlich wert sind.
Der bewusst plakativ gewählte Untertitel »20 Gründe Europa zu lieben« soll signalisieren, dass im Rahmen dieses Wettbewerbs ein grundsätzlich positiver, subjektiver, aber auch exemplarischer Zugang zum Thema Europa gesucht wird. Weniger plakativ formuliert lautet die Frage, welche europäischen Ideale und Ideen, Eigenschaften und Eigenheiten es wert sind vertieft, verbessert und sogar verteidigt zu werden.
Diese Ausgangsfrage wurde im Rahmen des Projektes »Wertzeichen Europa« an eine ausgewählte Gruppe von 20 österreichischen bzw. in Österreich lebenden visuellen Gestaltern gerichtet mit der Bitte, ihre individuellen Antworten in Form eines Entwurfs für eine Briefmarke zu geben. Die einzelnen Entwürfe wurden zusammen mit einem kurzen erläuternden Text der teilnehmenden Gestalter auf der »Freiraumseite« der Presse am Sonntag publiziert. Gleichzeitig musste jeder Entwurf so gestaltet sein, dass er ohne Veränderung als Briefmarke realisiert werden kann.
Durch die Veröffentlichung dieser Vorschläge im Format von jeweils einer ganzen Zeitungsseite über einen Zeitraum von 20 Wochen konnten die einzelnen Beiträge ein breites Publikum erreichen und dadurch eine allgemeine öffentliche Diskussion anregen, die der Wichtigkeit des Themas angemessen ist und zwar gerade in einem Land wie Öster-reich, das sich in der Mitte Europas befindet.